Hohe Zustimmungswerte bestätigen auch andere Studien in Deutschland und europaweit
Dr. Bastian Becker, Prof. Dr. Hanna Schwander (beide HU Berlin) und Prof. Dr. Swen Hutter (FU Berlin) begleiten Hamburg testet Grundeinkommen seit 2023 wissenschaftlich. Ihr Fazit: Grundeinkommen ist eine realistische Reformoption. Über letzte Hürden und politische Chancen hat Laura mit Bastian, Postdoktorant am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, gesprochen.
Umfragen in vielen Ländern zeigen, die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens – also eine monatliche Zahlung an alle, unabhängig von Einkommen oder Beschäftigung – stößt auf breite Zustimmung. Gleichzeitig gibt es starken Gegenwind, der bereits mehrfach dazu geführt hat, dass politische Initiativen gescheitert sind. Die Forschung hat sich bisher vor allem mit der Frage beschäftigt, welche Ausgestaltung des Grundeinkommens auf mehr oder weniger Zustimmung stößt – und bei wem. Weniger bekannt sind jedoch die Beweggründe, also warum Menschen dafür oder dagegen sind. Genau hier setzt unsere Studie an: Wir wollen ein tieferes Verständnis des politischen Diskurses schaffen und Erfolgsfaktoren für Kampagnen sichtbar machen.
Diese Zustimmungsrate entspricht fast genau dem Ergebnis einer deutschlandweiten Umfrage aus dem Jahr 2016. Da Hamburg traditionell eine sozialdemokratische Hochburg ist, hatten wir erwartet, dass die Werte mindestens ebenso hoch ausfallen würden. Insofern sind die 52%, die wir Ende 2023 beobachtet haben, wissenschaftlich gesehen wenig überraschend. Wichtig ist auch zu betonen, dass nur 22% der Befragten einem Grundeinkommen explizit widersprachen. Und dass wir ähnliche Zustimmungsraten auch in anderen europäischen Ländern sehen, zeigt: Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine exotische Utopie, sondern eine real diskutierte Reformoption mit breiter Resonanz.
Tatsächlich gibt es auch unter Anhängerinnen und Anhängern konservativer Parteien nennenswerten Zuspruch – obwohl diese dem Grundeinkommen allgemein eher skeptisch gegenüberstehen. Unsere Daten zeigen etwa, dass sich auch rund ein Drittel der FDP-Anhängerschaft dafür ausspricht. Wichtig ist dabei zu bedenken: Es gibt unterschiedliche Vorstellungen davon, wie ein Grundeinkommen ausgestaltet werden sollte. Im linken Lager wird es meist als Ergänzung des Sozialstaats gesehen, während rechte Befürworter es eher als Ersatz verstehen – in der Hoffnung auf Einsparungen.
Viele Befragte können sich ein Grundeinkommen ohne Gegenleistung kaum vorstellen und befürchten, dass dadurch Arbeitsanreize wegfallen. Auch wenn diese Sorge in ökonomischen Studien nicht bestätigt wird, hält sie sich hartnäckig und ist vielerorts ein politisches Hindernis. Deshalb ist es wichtig, dass Politik und Medien über die Faktenlage informieren. Zudem gibt es Spielräume in der Ausgestaltung: Ein Grundeinkommen könnte etwa mit gesellschaftlichem Engagement oder Pflegearbeit verknüpft werden – und damit Tätigkeiten aufwerten, die bislang kaum entlohnt werden – auch wenn es dann streng genommen nicht mehr bedingungslos ist.
Die Wohlfahrtsstaatsforschung zeigt seit Langem, dass die Frage, wer Unterstützung verdient und warum, im Zentrum sozialpolitischer Debatten steht. Spannend am bedingunglosen Grundeinkommen ist, dass normative Argumente besonders stark von Befürworterinnen und Befürwortern betont werden, die es als Ausgleich für Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sehen. Häufig genannt werden auch individuelle Freiheit und finanzielle Unabhängigkeit. Diese positiven Aspekte erkennen sogar Gegner oft an. Von Gegnerseite kommen dagegen – neben normativen Einwänden – vor allem technische Bedenken, etwa zu Kosten und möglichen negativen Arbeitsanreizen.
Die normativen Argumente für ein Grundeinkommen sind stark – und werden auch von vielen Skeptikern anerkannt. Wichtig ist deshalb vor allem, technische Bedenken auszuräumen. Hier hilft der Verweis auf Modellprojekte, die zeigen: Nur wenige Menschen geben ihre Arbeit auf, wenn sie ein Grundeinkommen erhalten. Oft entstehen sogar positive Effekte – etwa mehr Weiterbildung oder Unternehmertum. Darüber hinaus lohnt es sich, bei der konkreten Ausgestaltung auf Skeptiker zuzugehen, um Bedenken zu reduzieren.